

Nach Wahlsieg: Australiens Premier kündigt "disziplinierten" Kurs gegenüber USA an
Offensichtlich auch ein Zeichen gegen US-Präsident Donald Trump: Bei der Parlamentswahl in Australien ist die Regierung von Premierminister Anthony Albanese im Amt bestätigt worden. Nach einem von der aggressiven US-Zollpolitik überschatteten Wahlkampf konnten die Sozialdemokraten mehr als die Hälfte der Sitze im Parlament erringen. Der Spitzenkandidat der oppositionellen Konservativen, Peter Dutton, räumte seine Niederlage ein. Ihm hatte seine als zu groß empfundene Nähe zu Trump zuletzt an Zustimmung gekostet.
Bei Wahlfeierlichkeiten am Sonntag versprach Albanese angesichts der von Trumps Zollpolitik ausgelösten jüngsten wirtschaftlichen Turbulenzen eine "disziplinierte, geordnete" Regierung in seiner zweiten Amtszeit. "Wir werden jeden Tag hart arbeiten", sagte der wiedergewählte Regierungschef in seinem Stammlokal in der Innenstadt von Sydney, umgeben von klatschenden Anwohnern und Journalisten. Bereits unmittelbar nach seinem Wahlsieg hatte er angekündigt, dass seine Regierung den "australischen Weg" gehen werde. "Wir suchen unsere Inspiration nicht im Ausland."
Teilergebnisse vom Sonntag zeigten bereits einen deutlichen Sieg der Sozialdemokraten: Diese gewannen mindestens 83 der 150 Parlamentssitze. Duttons Koalition erreichte den Angaben zufolge zunächst nur 38 Sitze, weitere Parteien zwölf. Die Verteilung von 17 Sitzen war zunächst noch unklar.
Nach Ansicht von Analysten hatten die Turbulenzen rund um die US-Handelszölle der zuletzt eher unbeliebten sozialdemokratischen Regierung kurz vor dem Urnengang starken Aufwind verschafft. "Wenn wir verstehen wollen, warum sich ein Großteil der Wähler in den letzten Monaten des Wahlkampfs umentschieden hat, dann ist das meiner Meinung nach der größte Faktor", sagte der Politikwissenschaftler Henry Maher. "In Zeiten großer Instabilität wenden sich die Menschen erwartungsgemäß an bekannte Amtsinhaber."
Doch wie deutlich der Wahlsieg ausfiel, hat selbst Angehörige der Sozialdemokraten überrascht. "Unsere optimistischsten Erwartungen" wurden übertroffen, sagte der Schatzmeister der Partei, Jim Chalmers. Albanese hatte mit seinem Wahlsieg vor drei Jahren ein Jahrzehnt konservativer Regierungen in Australien beendet.
Der Konservativen-Spitzenkandidat Dutton erklärte derweil, er habe Albanese angerufen, um ihm zu seinem Erfolg zu gratulieren. "Wir haben in diesem Wahlkampf nicht gut genug abgeschnitten (...) und ich übernehme die volle Verantwortung dafür." Dem Sender ABC zufolge verlor Dutton auch seinen eigenen Parlamentssitz, den er 24 Jahre lang besetzt hatte.
Hochrangige Politiker aus dem Ausland beglückwünschten Albanese zu seinem Wahlsieg, darunter Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der im Onlinedienst X die "enge" Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Australien hervorhob. US-Außenminister Marco Rubio erklärte, die USA freuten sich darauf, die "Beziehungen zu Australien zu vertiefen". Ähnlich äußerte sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Ein Sprecher des Außenministeriums in Peking erklärte, China strebe mit der neuen australischen Regierung eine "reifere, stabilere und produktivere" Partnerschaft an.
Albanese kündigte an, die Ukraine weiterhin gegen die russische Invasion zu unterstützen: "Das ist die Position meiner Regierung. Das war gestern so und wird auch so bleiben."
Rund 18,1 Millionen Australier waren am Samstag aufgefordert, die 150 Abgeordneten im Parlament in Canberra zu wählen. Hungrige Wähler verspeisten nach der Stimmabgabe "Demokratie-Würstchen" - ein Ritual am Wahltag, während andere in Badekleidung nach einem morgendlichen Bad in die Wahlkabinen kamen.
Eine zentrale Rolle im Wahlkampf spielte neben der Klimapolitik und wirtschaftlichen Fragen wie hohe Preise und Wohnkosten der Umgang mit der aggressiven Zollpolitik von US-Präsident Trump, der auch Australien mit Einfuhrzöllen in Höhe von zehn Prozent belegt hatte. Dutton hatte Trump zuvor unter anderem einen "großen Denker" genannt, was ihm viele Australier übel nahmen. Zudem stieß sein Vorhaben auf Ablehnung, beim öffentlichen Dienst zu sparen - ähnliche Kürzungen unter der Führung von US-Techmilliardär Elon Musk hatten in den USA teilweise zu Chaos geführt.
Australien zählt zu den Ländern mit der höchsten Wahlbeteiligung weltweit. Das liegt an der Wahlpflicht, die seit mehr als hundert Jahren gilt. Wer nicht an die Urne geht, muss 20 australische Dollar (11,40 Euro) Strafe zahlen - ein geringes, aber wirksames Bußgeld.
R.Neumann--NRZ