

Hochgeachtete Mahnerin: Holocaust-Überlebende Margot Friedländer 103-jährig gestorben
Die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer ist tot. Die bedeutende Zeitzeugin der Juden-Verfolgung während der NS-Herrschaft starb am Freitag im Alter von 103 Jahren in Berlin gestorben, wie ihre Stiftung am Abend mitteilte. Zahlreiche führende Politiker wie Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) drückten ihre Trauer über Friedländers Tod aus. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der ihr am Freitag das Große Bundesverdienstkreuz hatte verleihen wollen, hob in seiner Kondolenzbotschaft hervor, Friedländer habe "unserem Land Versöhnung geschenkt".
Friedländer versteckte sich während der nationalsozialistischen Judenvernichtung in Berlin im Untergrund, wurde aber verraten und in das Konzentrationslager Theresienstadt verschleppt. Sie überlebte, ihre ganze Familie wurde jedoch im Vernichtungslager Auschwitz ermordet.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wanderte Friedländer in die USA aus, erst später im Leben setzte sie sich mit ihren Erfahrungen im Holocaust auseinander. Friedländer bezeichnete den Schritt als ihr "viertes Leben". Bekannt machte sie unter anderem ihre Autobiografie "Versuche, dein Leben zu machen".
2010 entschied sie sich im Alter von 88 Jahren zur dauerhaften Rückkehr in ihre Geburtsstadt Berlin. Im Jahr darauf erhielt sie das Bundesverdienstkreuz am Bande. Die Stadt Berlin verlieh Friedländer 2018 die Ehrenbürgerwürde.
Sie engagierte sich bis zuletzt gegen das Vergessen, sprach an Schulen und auf Veranstaltungen. Dabei zeigte sie sich besorgt über den zunehmenden Antisemitismus. "Ich bin nicht überrascht. Nur enttäuscht und traurig", sagt Friedländer 2023. Im selben Jahr gründete sie die Margot Friedländer Stiftung, die ihr Vermächtnis bewahren soll.
Viele deutsche Politiker würdigten die Verstorbene. Steinmeier bezeichnete ihr Vermächtnis als Mahnung und Verpflichtung. "Gerade in einer Zeit, in der die Demokratie angefochten wird und sich Antisemitismus wieder unverhohlen zeigt, bleibt es unsere Verantwortung, die jüdische Gemeinschaft in unserem Land nie wieder im Stich zu lassen", erklärte der Bundespräsident.
Bundeskanzler Merz nannte Friedländer im Onlinedienst X "eine der stärksten Stimmen unserer Zeit." Es sei "unsere Aufgabe und unsere Pflicht", die Geschichte der Holocaust-Überlebenden weiterzutragen. Merz' Vorgänger Olaf Scholz (SPD) erinnerte auf X an Friedländers Botschaft "Seid Menschen". "Margot Friedländer wird sehr fehlen", schrieb Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) auf X.
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) würdigte Friedländers Engagement. "Ihre Erinnerungsarbeit, ihr Einsatz gegen das Vergessen, ihr Engagement in Schulen oder Universitäten, ihre Gespräche mit Jugendlichen waren für uns von einem unschätzbaren Wert", erklärte Wegner auf X. Die Holocaust-Überlebende habe gezeigt, "dass Menschlichkeit über Unmenschlichkeit siegen kann".
Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Hendrik Wüst (CDU), nannte Friedländer einen "Leuchtturm der Hoffnung und Mitmenschlichkeit". Seine Kollegin aus Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD), schrieb auf X über Friedländer: "Ihr Lebensmut, ihr Einsatz gegen das Vergessen und für Menschlichkeit bleiben unvergessen."
Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) nannte die Rückkehr Friedländers in ihr Heimatland "ein großes Geschenk für Deutschland." Sie kündigte an, zu Beginn der kommenden Sitzungswoche im Bundestag für die Abgeordneten ein Kondolenzbuch auslegen zu lassen. "Mit dieser Geste bezeugt der Deutsche Bundestag seinen Respekt und seine Dankbarkeit gegenüber Margot Friedländer", erklärte Klöckner.
Für den Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sei eine Gesellschaft ohne Friedländer "kaum vorstellbar". Ihr Tod zeige "die Vergänglichkeit der Erinnerung" und verweise "auf die große Verantwortung, die wir gegenüber dieser mutigen und starken Frau und ihrer ganzen Generation haben".
Friedländers Stiftung betonte: "Bis zuletzt mahnte sie die Verteidigung der Demokratie an – erinnern allein reiche nicht." Ihr Vorbild sei "zugleich Auftrag und Verpflichtung".
E.K.Friedrich--NRZ