Neue Rheinischezeitung - Zwei rechtsgerichtete Kandidaten: Bolivien entscheidet in Stichwahl über Präsidenten

Köln -
Zwei rechtsgerichtete Kandidaten: Bolivien entscheidet in Stichwahl über Präsidenten
Zwei rechtsgerichtete Kandidaten: Bolivien entscheidet in Stichwahl über Präsidenten / Foto: © AFP

Zwei rechtsgerichtete Kandidaten: Bolivien entscheidet in Stichwahl über Präsidenten

In Bolivien haben die Bürgerinnen und Bürger am Sonntag in einer Stichwahl über ihren künftigen Präsidenten entschieden. Dabei traten zwei rechtsgerichtete Kandidaten gegeneinander an: der frühere Staatschef Jorge "Tuto" Quiroga und der christdemokratische Senator Rodrigo Paz.

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Paz hatte in der ersten Wahlrunde im August überraschend die meisten Stimmen geholt. In einer vor kurzem veröffentlichten Umfrage zur Stichwahl lag jedoch Quiroga mit knapp 45 Prozent deutlich vor Paz, der auf 36,5 Prozent kam. Zu der Wahl in dem Andenstaat waren knapp acht Millionen Bürgerinnen und Bürger aufgerufen, es galt eine Wahlpflicht.

Mit dem Einzug von zwei rechtsgerichteten Politikern in die Stichwahl stand bereits fest, dass Bolivien ein Richtungswechsel bevorsteht. In den vergangenen 20 Jahren hatte das südamerikanische Land stets linksgerichtete Staatschefs und Regierungen. Der derzeitige Präsident Luis Arce war nicht mehr angetreten.

Arce und seine Partei MAS (Movimiento al Socialismo, Bewegung hin zum Sozialismus) werden von vielen Wählerinnen und Wählern für die schwerste Wirtschaftskrise im Land seit vier Jahrzehnten verantwortlich gemacht. Die Inflationsrate in dem Andenstaat liegt bei fast 25 Prozent, es herrscht ein Mangel an Treibstoff und ausländischen Devisen.

"Ich möchte, dass die Dinge sich ändern. Wir sind alle wirtschaftlich ruiniert", sagte die 57-jährige Wählerin Paulina Quispe, eine Frau vom indigenen Volk der Aymara, nach ihrer Stimmabgabe in der Verwaltungshauptstadt La Paz.

Die rechtsgerichteten Rivalen Quiroga und Paz vertreten ähnliche Positionen. Beide streben einen starken Abbau der öffentlichen Ausgaben und vor allem der Treibstoff-Subventionen an und setzen auf Privatisierungen.

Quiroga plant "eine radikale Veränderung" und will eine neue Verfassung verabschieden lassen. Der 65-Jährige kündigte unter anderem an, dass er Freihandelsabkommen mit Europa, China, Japan und Südkorea abschließen wolle. Quiroga hatte das Präsidentenamt bereits zwischen 2001 und 2002 bekleidet. Er war zunächst Vizepräsident und ersetzte dann den wegen einer Krebserkrankung zurückgetretenen Machthaber Hugo Banzer.

Quirogas Rivale Paz ist der Sohn von Ex-Präsident Jaime Paz Zamora, der zwischen 1989 und 1993 bolivianischer Präsident war. Der in Spanien geborene Politiker will eine Art bedingungsloses Grundeinkommen für Frauen einführen. Zudem will er mit einer Steuerreform der Industrie des Landes zum Aufschwung verhelfen.

Paz kündigte am Sonntag vor seiner Stimmabgabe in einem Wahllokal der südlichen Stadt Tarija an, dass er eine auf "Konsens" basierende Regierung bilden wolle, um das Land voranzubringen. Der 58-Jährige versicherte zugleich, dass er im Fall einer Niederlage seinen Rivalen Quiroga bei der Ausübung des höchsten Staatsamts unterstützen wolle.

A.P.Lehmann--NRZ