

X-Chefin Linda Yaccarino gibt auf
Die Chefin der Online-Plattform X von US-Tech-Unternehmer Elon Musk, Linda Yaccarino, tritt zurück. Sie gebe den Leitungsposten "nach zwei unglaublichen Jahren" auf, schrieb Yaccarino am Mittwoch auf X, ohne einen Grund zu nennen. Einen Tag zuvor war Musks Künstliche-Intelligenz-Chatbot Grok, den X-Nutzer befragen können, wegen Hitler-Verherrlichung in die Kritik geraten. Ob ein Zusammenhang zu Yaccarinos Rücktritt besteht, war vorerst unklar.
Musk dankte Yaccarino für ihre Arbeit. Der Tech-Unternehmer und reichste Mann der Welt hatte den früheren Kurznachrichtendienst Twitter im Oktober 2022 gekauft und benannte ihn später in X um. Er leitete die Onlineplattform zunächst selbst, ernannte dann aber im Mai 2023 die frühere Werbemanagerin Yaccarino zur neuen Chefin. Sie sollte Werbekunden zurückgewinnen, die den Dienst - damals noch unter dem Namen Twitter - nach einer einer Zunahme von Falschinformationen und Hassrede verlassen hatten.
In den vergangenen Monaten gab es jedoch mehrfach scharfe Kritik wegen des Chatbots Grok. Kurz vor Yaccarinos Rückzug löschte Musks Unternehmen Beiträge, in denen Grok den deutschen Diktator Adolf Hitler verherrlicht und Juden pauschal einen "Hass gegen Weiße" unterstellt hatte. Diese Beiträge seien "unangemessen", erklärte der Konzern.
Die Grok-Beiträge riefen die US-Nichtregierungsorganisation Anti Defamation League (ADL) auf den Plan, die seit mehr als hundert Jahren gegen Diffamierung von Juden eintritt. Die jüngsten Veröffentlichungen des Chatbots seien "unverantwortlich, gefährlich und antisemitisch", kritisierte die ADL.
Nutzer können Grok auf der Plattform X Fragen stellen, der Chatbot liefert dann mittels Künstlicher Intelligenz (KI) in Sekundenschnelle Antworten. Dabei kam es jedoch mehrfach zu Vorfällen, die ein Schlaglicht auf die Risiken von KI werfen.
In früheren Antworten hatte Grok die Filmindustrie in Hollywood etwa als "überproportional jüdisch" bezeichnet. In der Türkei blockierte ein Gericht in Ankara am Mittwoch zehn Grok-Beiträge, weil darin Präsident Recep Tayyip Erdogan und Republikgründer Atatürk beleidigt worden seien. In den USA hatte es im Mai eine Debatte gegeben, weil Grok von einem "Genozid" an Weißen in Südafrika gesprochen hatte - eine These, die auch US-Präsident Donald Trump vertritt.
Musk hatte Grok Ende 2023 als Konkurrenz zu ChatGPT und anderen KI-Chatbots vorgestellt. Dahinter steht Musks Startup xAI, das der Unternehmer im März mit X zusammenführte. Im Rahmen der Fusion wurde xAI mit 80 Milliarden US-Dollar bewertet, X hingegen nur mit 33 Milliarden Dollar. Am Donnerstag will xAI in San Francisco sein neues Modell Grok4 präsentieren.
Musk sieht sich selbst als radikalen Vertreter der Meinungsfreiheit. Die freie Rede soll auch seine neue "Amerika-Partei" fördern, die der Unternehmer nach einem Zerwürfnis mit Trump erst am Wochenende als Konkurrenz zu den Republikanern gegründet hatte.
Kritiker werfen Musk hingegen vor, er fördere auf X und mit Grok gezielt rechtsextremes Gedankengut. In Deutschland hatte der aus Südafrika stammende Unternehmer vor der Bundestagswahl im Februar Werbung für die AfD gemacht.
Yaccarino lobte X in ihrem Abschiedspost als "digitales Stadtzentrum für alle Stimmen und das weltweit stärkste Kultursignal". Über die Fusion von xAI mit X schrieb sie: "Das Beste kommt noch."
F.Meyer--NRZ